Bücher

 

LESEPROBE (S.18-20):

Erweitere Deine Perspektive aus dem Inneren heraus
Indem wir unser begrenztes Potenzial aufgeben und an dem höheren, umfassenderen Potenzial teilhaben, erfahren wir einen Transformations-prozess ungeahnten Ausmaßes, der uns relativ schnell und mühelos dem gewünschten Erfolg zuführt. Übertragen auf unser Handeln und unsere Freiheit in dieser Welt bedeutet das: Indem wir unsere übliche, begrenzte Perspektive des Handelns gegen eine höhere Handlungsperspektive eintauschen, sind wir in der Lage, zunehmend freier und agiler zu handeln. Unser gewohntes alltägliches Handeln ist ein Handeln aus zumeist eingeschränkter Perspektive. Es gleicht eher einem blinden, reflexhaften Re-Agieren, als einem wirklich freien und umsichtigen Agieren, da uns unser kleines Ich  – unser Ego – voll im Griff hat. Unser kleines Ich wird sehr stark beeinflusst von den Ereignissen der äußeren Welt. Das kleine Ich – wie das Ego im Yoga genannt wird (Sanskrit: Ahamkara = wörtlich „Ich-Macher“) – zieht uns in die Welt dort draußen, wo wir unsere Kraft und schließlich sogar unsere Verbindung zur inneren Quelle verlieren.

Wenden wir uns hingegen nach innen und handeln aus dem Inneren, aus der inwendigen Wahrheit heraus, dann sind wir in der Lage, im Rahmen einer höheren und weiteren Perspektive zu handeln. Die höhere Kraft, die uns ein höheres Maß an Entscheidungsfreiheit gibt, ist nicht im Äußeren, sondern im Inneren zu finden. Durch eine innere Position erlangen wir einen Perspektivenwechsel, der uns eine klarere Sichtweise auf die Dinge des Lebens und  – innerlich zurückgelehnt – eine entspanntere und gleichzeitig präzisere Handlungsweise ermöglicht. Wie wir auf etwas schauen, trägt maßgeblich dazu bei, was und wie viel wir erkennen. Sehen bedeutet nicht unbedingt erkennen. Doch das Erkennen  – im Sinne von Erkenntnis – ist die Grundlage allen Handelns.

Wieviel Freiheit – insbesondere Freiheit zu erfolgreicherem Handeln  – ein solcher Perspektivenwechsel in konkreten Lebenssituationen bedeuten kann, möchte ich an einer Beobachtung aus dem Alltag verdeutlichen. Vor einiger Zeit stand ich in meinem Arbeitszimmer am Fenster und erblickte eine Fliege, die von innen immer wieder an die Fensterscheibe flog. Das Erstaunliche dabei war, dass die Fensterflügel geöffnet waren. Sie standen nach innen. Von der Seite kommend schlug die Fliege jedoch immer wieder gegen das Glas des rechten Flügels. Doch den Weg nach draußen fand sie nicht. Ich betrachtete kopfschüttelnd das Schauspiel. Die Fliege hätte lediglich ein wenig ihre Perspektive ändern müssen – indem sie ein Stück zurück in das Innere des Raumes geflogen wäre. Schon hätte sie die gesuchte Öffnung gesehen und hätte mühelos zwischen den weit geöffneten Fensterflügeln hinausfliegen können.

Dumme Fliege? Täuschen wir uns nicht: Wir handeln oftmals in ganz ähnlicher Weise. Auch wir bleiben immer wieder an den gleichen Problemen unseres Lebens hängen. Wie die Fliege versuchen wir – sehend, doch nicht wirklich erkennend – uns von Hindernissen zu befreien, die bei genauer Betrachtung häufig gar nicht existieren. Das wahre und eigentlich einzige Problem – das, was uns behindert  – ist unsere begrenzte Sichtweise. Was wir „Problem“ oder „Hindernis“ nennen, entsteht dadurch, dass wir nicht richtig hinschauen. Manchmal ist die Lösung zum Problem aber auch schon längst da. Doch wie bei der Fliege ist unser Blick ausschließlich auf das Problem gerichtet. Und die Lösung, die sich uns direkt daneben eröffnet, erkennen wir nicht.

Durch einen Perspektivenwechsel ändert sich alles. Wie das Beispiel mit der Fliege veranschaulicht, lassen sich Lösungsstrategien oftmals mühelos durch eine innere und damit gleichzeitig höhere Position finden. Sie gewährt uns eine erweiterte Perspektive. Hätte die Fliege ihrem blinden Drängen nach draußen für einen Moment Einhalt geboten und wäre kurz ins Innere des Raumes geflogen, hätte ihr die sich daraus ergebende, erweiterte Blick-Perspektive die Freiheit geschenkt. Auch wir würden oftmals ein höheres Maß an Handlungsfreiheit erlangen können, wenn wir  – ganz im Sinne des Yoga  – uns handlungsvorbereitend zunächst nach innen wenden würden, um dann um so klarer und freier zu handeln. Die erweiterte Perspektive kann man daher auch als Erweiterung unseres Bewusstseins bezeichnen. Aber genau genommen entsteht hierbei nichts, was nicht schon längst da wäre. Denn dieses erweiterte Bewusstsein besitzen wir bereits. Wir müssen nur dort hingehen, wo es sich befindet – in unserem Inneren. Was wir alle da im Inneren bereits besitzen wird im Yoga übrigens auch das „innere Herz“ genannt. 

 

"Karma als chance - frei werden durch selbstloses handeln" 

(broschierte Ausgabe, November 2016, ISBN: 978-3-86410-140-3, 115 S., 12,95 Euro)

 

Klappentext

Karma ist ‚in’. Karma geht wie „Schicksal!“ über die Lippen, um gute oder schlechte Nachrichten zu kommentieren. Allein darum geht es aber nicht - und deshalb will dieses Buch vermitteln, was mit dem Begriff „Karma“ im eigentlichen Sinne gemeint ist, welches Potenzial in richtig verstandenem Karma für die persönliche Entwicklung steckt.

Nach einer Einführung in die verschiedenen Arten des Karmas und deren Grundlagen geht es um die Beantwortung der Frage, was jeder einzelne für beziehungsweise mit seinem Karma tun kann. Dabei wird deutlich, dass das aktive Alltagsleben unsere „Universität“ für spirituelle Entwicklung ist. Indem wir dem natürlichen Fluss folgen, lernen wir, der wahren Bedeutung von Karma nahezukommen: in selbstlosem Handeln als Weg zu höchster Freiheit.

Zudem erhält das Buch Übungen, um den Weg des Karma aus unserem aktuellen Lebensumfeld heraus praktizieren zu können, die innere Haltung des Yoga auf der Straße des Alltags einzunehmen. Dabei wird ersichtlich, dass nicht äußeres Handeln, sondern innere Haltung beim Handeln im Fokus steht.

:

 

 

 

 

LESEPROBE (S.90-92):

Beginne hier und jetzt!
Nun erhebt sich natürlich eine ganz praktische Frage: Wo und wann können wir unseren Weg des Karma-Yoga, des selbstlosen Dienens, beginnen? Die Antwort kann nur lauten: Überall, zu jederzeit – jetzt und hier! Wie wir sahen, können wir Karma-Yoga zum Beispiel auch am Arbeitsplatz praktizieren. Genau betrachtet umfasst diese einzigartige Yoga-Praxis all unsere alltäglichen Handlungen. Wir können sie auch im Zusammenleben mit unseren Ehepartnern und Freunden ausüben, mit unseren Kindern, beim Einkaufen, auf der Straße, in der Nachbarschaft, in dem Haus, in dem wir wohnen. Es gibt keinen Lebensbereich, wo das nicht möglich wäre. Das ist das Besondere am Karma-Yoga: Wir müssen in keine Yoga-Schule gehen, keine Yoga-Seminare besuchen, uns auf keine Matte setzen. Wir müssen nichts verändern, müssen nirgendwo hin, brauchen keine besondere Kleidung. Wir können loslegen, wo wir uns gerade befinden.

Dass uns Karma-Yoga bzw. die Kunst des Dienens überall möglich ist – und uns auch überall begegnen kann, insbesondere im Stillen und Verborgenen, eben dort, wo man es vielleicht nicht erwarten würde – habe ich persönlich oft von Menschen lernen dürfen, die gar nichts mit Yoga „am Hut haben“. Vermutlich ist es gerade die Selbstverständlichkeit, mit der sie handelten, die mich besonders beeindruckt und für die Grenzenlosigkeit des Karma-Yoga wach gemacht hat. Deshalb haben sie sich mir tief ins Gedächtnis eingegraben – wie beispielsweise jene Begegnung mit einem Nachbarn, der mich – ohne jeden Anspruch ein Karma-Yogi zu sein  – etwas über wahres selbstloses Dienen lehrte.

Das Ganze ist nun einige Jahre her und ereignete sich in dem Haus am Münchner Stadtrand, wo ich damals wohnte. Der Nachbar, das wusste ich, war passionierter Radfahrer und ganz nebenbei ein außerordentlich hilfreicher Mensch, das wusste ich auch. Aber was ich an jenem Frühlingsnachmittag erlebte, brachte mich in Berührung mit einer völlig neuen Dimension der Bereitschaft zu helfen und zu dienen. Wie gesagt, es war ein Frühlingsnachmittag, wunderbares Wetter, Wetter zum Radfahren. Den Wald hatte ich ja in unmittelbarer Nähe, eigentlich hätte es gleich losgehen können. Aber da gab es ein kleines Problem: Mein Mountainbike hatte am Hinterrad einen Plattfuß, und das bereits eine ganze Weile. Ich hatte mich tagelang um die Reparatur herumgedrückt, weil ich wusste, dass es eine aufwendige Sache sein würde. Nun musste ich mich also mit dem entsprechenden Werkzeug wappnen und machte mich mit ihm auf in den Fahrradkeller. Als ich jedoch das Rad hochhob, um es umzudrehen und auf den Sattel zu stellen, bemerkte ich, dass irgendetwas nicht stimmte …

Ich war völlig verblüfft, und zwar so verblüfft, dass mein Verstand einige Momente benötigte, um zu begreifen, was da los war: Das Hinterrad war gar nicht platt – oder besser, es war nicht mehr platt. Das verstand ich erst einmal nicht. Hatte ich mir den Plattfuß nur eingebildet? Nein! Das Rad musste irgendjemand repariert haben! Ich kam relativ schnell zu dem Ergebnis, dass das nur dieser nette Mensch bei mir im Haus gewesen sein konnte. Und wie sich herausstellte, war es auch so – obwohl ich ihn um nichts gebeten hatte! Ich hatte nicht einmal mit ihm über das reparaturbedürftige Rad gesprochen. Er hatte den Plattfuß gesehen – und einfach repariert, einfach so! Dann hat er es wieder hingestellt, ohne etwas zu erwähnen und ohne irgendeinen Dank zu erwarten.

Ich war damals sehr beeindruckt und dachte auch später noch über diese Begebenheit nach. Jetzt, da ich hier über Karma-Yoga schreibe, fällt mir die Geschichte wieder ein. Denn was dieser Mann getan hatte, war selbstloses Handeln oder Dienen par excellence. Er hatte nichts Spektakuläres getan, es war eine Alltagssituation und er tat es aus dem Empfinden der Selbstverständlichkeit heraus. Doch hinterließ die Tat bei mir einen tiefen Eindruck. Und sie hinterließ noch etwas – den Wunsch, ebenfalls in dieser bescheidenen Form dienend zu handeln. Es war genau der Effekt, von dem Lance Secretan spricht. Er sagt: „Diene und du wirst andere dazu inspirieren, auch zu dienen.“